HEK-Zellen: Entstehung, Aufbau und Nutzung der menschlichen embryonalen Nierenzellen in der Forschung

Heutzutage sind HEK-Zellen in der Forschung nicht mehr wegzudenken. Die Arbeit mit der menschlichen Nierenzelllinie hat bereits zu vielen neuen Erkenntnissen in unterschiedlichen Forschungsfeldern verholfen. So kommen sie in der Virologie oder Pharmazie zum Einsatz, spielen aber auch in der Zellforschung eine große Rolle. In der Forschung sind HEK-Zellen mittlerweile genauso bedeutend wie HeLa-Zellen. Dabei hat sich besonders ein Typ der HEK-Zellen etabliert.

Erfahren Sie in dem folgenden Text mehr zu den genannten Themen:

  • Was sind HEK-Zellen und wie sind sie aufgebaut?
  • Wie werden sie in der Forschung eingesetzt?
  • Welche Herausforderungen gibt es bei der Analyse und wie kann das fluidlab dabei unterstützen?

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Was sind HEK-Zellen?

Bei HEK-Zellen handelt es sich um humane embryonale Nierenzellen (Human Embryonic Kidney), welche in den 1970er Jahren isoliert wurden. Durch die Transformation der HEK-Zellen mit DNA-Teilen des menschlichen Adenovirus 5, entstand die Zellllinie HEK293. Die originale HEK-Zelllinie ist mit HeLa-Zellen kontaminiert, wodurch sie nicht mehr verwendbar ist.1 2 Es ist bekannt, dass die Zellen leicht zu kultivieren und zu transfizieren sind, weshalb sie häufig in der Krebsforschung zum Einsatz kommen. 

Durch ihre hohe Transfektionseffizienz werden sie für pharmazeutische und biomedizinische Forschungszwecke eingesetzt, wie zur Produktion von exogenen Proteinen oder Viren.

Einsatzorte der Zellen sind die Entwicklung von Virenimpfstoffen und Chemotherapeutika oder auch die Produktion von verschiedenen Vektor-Typen: Adenoviren, Lentiviren oder AAV Vektoren.2 3

Der Aufbau einer HEK-Zelle

HEK-Zellen sind wie andere eukaryotische Zellen aufgebaut. Sie wachsen adhärent und es handelt sich um hypotriploide Zellen, da weniger als die dreifache Menge an Chromosomen als bei menschlichen Geschlechtszellen vorliegt.

Bei der Entwicklung der HEK-Zellen, kam es durch Transformation zum Einbau von 4,5 Kilobasen des Genoms vom Adenovirus 5 in das Erbgut der Zellen.

Ihr Karyotyp ist demnach komplexer, da sie zwei oder auch mehr Kopien jedes Chromosoms enthalten. So sind drei Kopien des X-Chromosoms und jeweils vier Kopien des Chromosoms 17 und 22 vorhanden.

Anfangs wurden HEK-Zellen für Epithelzellen der Niere gehalten, allerdings ist es aufgrund ihrer zum Teil ähnlichen Eigenschaften zu Nervenzellen jedoch wahrscheinlicher, dass dies Vorläuferzellen der Nebenniere sind.4

Die Bedeutung der menschlichen Nierenzellen für die Forschung

Durch die einfache Kultivier- und Transfizierbarkeit, sind HEK-Zellen sehr beliebt in der Forschung. Geeignet sind sie für Versuche, die sich auf das Verhalten der Komponenten innerhalb der Zelle konzentrieren. Hiermit kann es sich um Vorgänge innerhalb der Zelle oder um Zellkompartimente handeln.5

HEK293-Zellen werden wie bereits erwähnt für die Herstellung von adenoviralen und adeno-assoziierten viralen (AAV) Vektoren verwendet, da sie die adenoviralen E1A/B-Gene enthalten, die bei der Herstellung von viralen Vektoren eine Helferfunktion übernehmen.6 Der Adenovirus 5 ist ein wichtiger Vektor, welcher in der Gentherapie eingesetzt wird. Dieser Virus ist zudem eine häufige Ursache für akute Atemwegsinfektionen.5

Die 293T (ursprünglich 293tsA1609neo) Zellen, bei denen es sich um ein Derivat von HEK293-Zellen handelt, sind in der Virologie besonders beliebt, da diese zusätzlich das SV large T-Antigen exprimieren, welches sie höchst transfizierbar macht. Das T-Antigen ermöglicht Retroviren oder auch DNA-Viren, sich in diesen Zellen zu vermehren, was vor allem für die Grundlagenforschung an Virenmechanismen wichtig ist.7

So spielen die Zellen zum Beispiel bei der Behandlung von Tollwuterkrankungen eine wichtige Rolle. Tollwutviren können eine tödliche Enzephalitis, eine gefährliche Gehirnentzündung, auslösen, weshalb eine schnelle Diagnose und hierfür eine schnelle Virusisolierung notwendig sind. Dadurch können im Anschluss wirksame Maßnahmen bei infizierten Personen eingeleitet und eine epidemiologische Überwachung kontrolliert werden. 

Madhusudana et al. 2010 konnten nachweisen, dass HEK293-Zellen besonders sensitiv auf das neurotrope Virus reagieren, da sie mehrere neuronale Proteine exprimieren, was für eine schnelle Isolierung und Diagnose vorteilhaft wäre.7

In einer aktuellen Studie von Horibata et al. 2021 wurden HEK-Zellen eingesetzt, um zu überprüfen, ob das ebenfalls neurotrope Zika-Virus fähig ist, die genannten Zellen zu infizieren und zu replizieren. Hierbei konnte mithilfe der HEK293-Zellen nachgewiesen werden, dass eine Infektion mit dem Zika-Virus zur Beeinträchtigung von antiviralen sowie entzündlichen Reaktionen führt, was die Genexpression des Wirts verändert.8

Abgesehen von der Virologie, spielen HEK-Zellen auch in der Zellforschung eine bedeutende Rolle. So wurden HEK-Zellen in Balatti et al. 2017 verwendet, um ein Knocked-out-Zellmodell mit ts-101 und ts-46 zu erstellen. Dabei handelt es sich um Cluster kleiner RNAs, welche sich aus Transfer-RNAs ableiten. Es konnte unter dem Einsatz von HEK-Zellen nachgewiesen werden, dass bestimmte RNAs, welche während des Reifungsprozesses von tRNAs ausgebildet werden, bei Krebserkrankungen dysreguliert sind. 

Mittels des Zellmodells mit HEK-Zellen wurde herausgefunden, dass bedeutende Differenzen, zwischen infizierten und nicht infizierten Zellen, in den Genexpressionsmustern vorliegen. 

Dabei lag einerseits eine Aktivierung der Gene vor, welche sich am Zellüberleben beteiligen. Anderseits konnte eine Abstellung der Gene, welche am Zelltod und an der Herstellung der Chromatinstruktur beteiligt sind, festgestellt werden.9

Auch bei der Entwicklung von Medikamenten kommen HEK-Zellen zum Einsatz. Hierbei sind besonders die biotherapeutischen Proteine von großer Bedeutung, die bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen, hormonellen Störungen, Krebs und anderen Krankheiten eine wichtige Rolle spielen. Diese Proteine können mithilfe von HEK-Zellen synthetisiert werden.

Hergestellt werden diese Proteine mittlerweile aus humanen Zelllinien, wie den HEK-Zellen, da so mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ein rekombinantes Protein entsteht, welches posttranslationale Modifikationen aufweisen und dadurch mit den endogenen menschlichen Proteinen übereinstimmen. Dies ist bei anderen Säugertierzelllinien nicht immer der Fall.

HEK293-Zellen gehören zu den am häufigsten genutzten humanen Zelllinien zur Herstellung von biotherapeutischen Proteinen. Erst kürzlich wurden fünf Wirkstoffe, welche in HEK293-Zellen hergestellt worden sind, für den therapeutischen Einsatz zugelassen.

Eines davon ist Drotecogin alfa, ein rekombinant aktiviertes Protein C ist, welches zur Behandlung von Patienten mit schwerer Sepsis eingesetzt wird.10

Die Analyse von HEK-Zellen im Labor

Die Arbeit mit HEK-Zellen erweist sich in den meisten Fällen als besonders einfach und erfolgt mittels Standardverfahren. Nichtsdestotrotz ist es wichtig einige Aspekte zu beachten. HEK-Zellen gehören zu den am häufigsten analysierten Zelllinien.

HEK-Zellen sind leicht in einem befeuchteten Inkubator bei 37°C und 5 % CO₂ zu kultivieren. Sie können nicht nur als Monolayer, sondern auch in Suspension kultiviert werden.

Außerdem sind HEK-Zellen sehr leicht zu transfizieren, wobei eine Vielzahl an Methoden eingesetzt werden kann. Eine klassische Transfektionsmethode ist das Calcium-Phosphat Verfahren. Dabei wird ein DNA-Phosphat-Komplex auf die Zellmembran präzipitiert. Andere bekannte Methoden sind Elektroporation oder die Verwendung von DEAE-Dextran. Spezielle Kits zur Transfektion von HEK-Zellen vereinfachen den Vorgang zusätzlich.

Durch ihr schnelles Wachstum können sie alle paar Tage durch ein Standardverfahren passagiert werden. Hierfür sollten sie sich allerdings in der logarithmischen Phase befinden und somit eine Konfluenz von <100 % betragen. Daher ist es auch wichtig auf die Anzahl der Zellen zu achten, die ausgesät werden. Hierfür können automatisierte Zellzähler genutzt werden oder das Auszählen erfolgt manuell mittels einer Zählkammer.

Für die Herstellung von Proteinen sind sie besonders attraktiv, da sie in der Lage sind, diese in großen Mengen herzustellen.

Weitere Vorteile von HEK-Zellen sind, ihre hohe Widerstandsfähigkeit und ihr halbadhärentes und wartungsarmes Wachstum. Eingesetzt werden können sie nicht nur für die stabile, sondern auch für die transiente Expression von Proteinen. Damit sind sie in der Lage postranslationale Faltungen und Prozesse durchzuführen, welche notwendig sind, um reife Proteine zu produzieren. 11

 

Herausforderungen bei der Analyse der Nierenzellen

Obwohl HEK-Zellen sehr viele Vorteile mit sich bringen, gibt es auch einige Herausforderungen, die es bei der Arbeit mit den Zellen zu beachten gibt. So ist zu berücksichtigen, dass eine Kultur der Zellen über einen längeren Zeitraum hinaus, zu einem schlechteren Gesundheitszustand der Zellen führen kann. Dies kann Auswirkungen auf die Wachstumsrate und die Translationseffizienz haben, wodurch die Zuverlässigkeit von Versuchsergebnissen, bei denen ‚alte Zellen‘ zum Einsatz kamen, negativ beeinflusst werden können. Daher empfiehlt es sich die Zellen nur bis zur 20. Passage zu kultivieren.

Eine weitere Herausforderung ist das Risiko einer Kontamination bei menschlichen Zelllinien. Aus diesem Grund ist das sterile Arbeiten mit solchen Zellen von besonderer Wichtigkeit.10

Allgemein sollte bei der Viabilitätsmessung von HEK-Zellen beachtet werden, dass die Zelllinie, verglichen mit anderen, weniger rund ist und die Morphologie der Zellen weniger einheitlich erscheint.

Zusätzlich kann die Zählung durch Zellcluster, welche aufgrund der Adhärenz der Zellen häufig auftreten können, erschwert werden.4

Diese Vorteile bietet das fluidlab bei der Zellanalyse

Das neuronale Netzwerk des fluidlabs analysiert und detektiert Zellen. Es differenziert mittels der Machine-Learning-Methode nicht nur lebende von toten Zellen, sondern ist auch in der Lage Zellen und andere Partikel in der Probe zu unterscheiden. Dies hat den Vorteil, dass auch HEK-Zellen, welche nicht stetig eine einheitliche Morphologie aufweisen, von dem Gerät erfasst werden können. Außerdem ist es in der Lage einzelne Zellen innerhalb eines Zellclusters zu erkennen und zu zählen, was bei den zu Clustern neigenden HEK-Zellen von großem Vorteil sein kann.

Analysiert werden die Zellen ohne die Verwendung eines Farbstoffs, wodurch die Viabilitätsmessung besonders zellschonend erfolgt. Mithilfe des fluidlabs kann schnell und einfach festgestellt werden, ob eine hohe Viabilitätsrate der HEK-Zellen vorliegt und diese weiter genutzt werde können oder ob die Passage bereits zu hoch ist.

Das fluidlab R-300 besitzt ein sehr großes Field of View von 5,3 mm², mittels dem eine besonders hohe Anzahl an Zellen in der Probe erfasst werden können. Dies gewährt eine hohe Ergebnisgenauigkeit, bezogen auf die Viabilität und die Konzentration der Ausgangsprobe.

Zusätzlich wird durch die automatisierte Zählung durch das fluidlab, der menschliche Fehler aufgehoben und die Präzision erhöht. Durch diese beiden Eigenschaften ist die statistische Genauigkeit des Geräts sehr hoch.

Wissenschaftliche Quellen

 

1 Graham F. L., Russell W. C., Smiley J., Nairn R. (1977). Characteristics of a Human Cell Line Transformed by DNA from Human Adenovirus Type 5. J. Gen. Virol. 36, 59–72. 10.1099/0022-1317-36-1-59

2 Stacey, G. N., & Merten, O. W. (2011). Host cells and cell banking. Methods in molecular biology (Clifton, N.J.)737, 45–88.

3 Zur Hausen H. (1967). Induction of specific chromosomal aberrations by adenovirus type 12 in human embryonic kidney cells. Journal of virology1(6), 1174–1185.

4 Stepanenko, A. A., & Dmitrenko, V. V. (2015). HEK293 in cell biology and cancer research: phenotype, karyotype, tumorigenicity, and stress-induced genome-phenotype evolution. Gene, 569(2), 182–190.

5 Tan, E., Chin, C., Lim, Z., & Ng, S. K. (2021). HEK293 Cell Line as a Platform to Produce Recombinant Proteins and Viral Vectors. Frontiers in bioengineering and biotechnology9, 796991.

6 Montes-Galindo, D. A., Espiritu-Mojarro, A. C., Melnikov, V., Moy-López, N. A., Soriano-Hernandez, A. D., Galvan-Salazar, H. R., Guzman-Muñiz, J., Guzman-Esquivel, J., Martinez-Fierro, M. L., Rodriguez-Sanchez, I. P., Paz-Michel, B., Zaizar-Fregoso, S. A., Sanchez-Ramirez, C. A., Ramirez-Flores, M., & Delgado-Enciso, I. (2019). Adenovirus 5 produces obesity and adverse metabolic, morphological, and functional changes in the long term in animals fed a balanced diet or a high-fat diet: a study on hamsters. Archives of virology164(3), 775–786.

7 Madhusudana, S. N., Sundaramoorthy, S., & Ullas, P. T. (2010). Utility of human embryonic kidney cell line HEK-293 for rapid isolation of fixed and street rabies viruses: comparison with Neuro-2a and BHK-21 cell lines. International journal of infectious diseases: IJID: official publication of the International Society for Infectious Diseases, 14(12), e1067–e1071.

8 Horibata, S., Teramoto, T., Vijayarangan, N., Kuhn, S., Padmanabhan, R., Vasudevan, S., Gottesman, M., & Padmanabhan, R. (2021). Host gene expression modulated by Zika virus infection of human-293 cells. Virology, 552, 32–42.

9 Balatti, V., Nigita, G., Veneziano, D., Drusco, A., Stein, G. S., Messier, T. L., Farina, N. H., Lian, J. B., Tomasello, L., Liu, C. G., Palamarchuk, A., Hart, J. R., Bell, C., Carosi, M., Pescarmona, E., Perracchio, L., Diodoro, M., Russo, A., Antenucci, A., Visca Ciardi, P., Harris, C. C., Vogt, P.K., Pekarsky, Y,Croce, C. M. (2017). tsRNA signatures in cancer. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 114(30), 8071–8076

10 Dumont, J., Euwart, D., Mei, B., Estes, S., & Kshirsagar, R. (2016). Human cell lines for biopharmaceutical manufacturing: history, status, and future perspectives. Critical reviews in biotechnology, 36(6), 1110–1122.

11 Thomas P. and Smart T. (2005) HEK293 cell line: A vehicle for the expression of recombinant proteins. Journal of Pharmacological and Toxicological Methods, 51(3), 187-200.