CHO-Zellen: Die am häufigsten verwendeten Zelllinien in der biotechnologischen Produktion

Chinese Hamster Ovary (CHO) Zellen spielen seit ihrer Entdeckung unter anderem in der Biotechnologie eine zentrale Rolle. Mithilfe dieser besonderen Zellen konnten bereits viele wichtige therapeutische Wirkstoffe hergestellt werden.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über:

  • Die Entstehungsgeschichte der Hamsterzelllinie
  • Die Verwendungszwecke der CHO-Zellen
  •  Wie werden CHO-Zellen im Labor analysiert?
  • Welche Herausforderungen gibt es bei der Analyse und wie kann das fluidlab dabei unterstützen?                           

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Die Entstehungsgeschichte der Hamsterzelllinie

 

Es handelt sich bei CHO-Zellen um Zellen einer immortalisierten Zelllinie, welche von einem Chinesischen Zwerghamster (Abb. 1) stammen. Die Zellen wurden als Teil einer molekularbiologischen Forschungsreihe von Theodore T. Puck im Jahr 1957 aus den Eierstöcken eines Hamsters isoliert. Der Forscher beobachtete, dass sich die Zellen über einen Zeitraum von mehr als 10 Monaten vermehrten, ohne, dass eine Abnahme der Vermehrungsrate oder eine optische Veränderung feststellbar war. 

Heutzutage kommen die Zellen hauptsächlich bei der Produktion von Biopharmazeutika zum Einsatz und sind alle auf die von Theodore T. Puck aus einem Hamster entnommenen Zellen zurückzuführen.1

Häufige Verwendungszwecke von CHO-Zellen in der Forschung

Es handelt sich bei CHO-Zellen um eine Zelllinie, welche in der Zellbiologie und Biotechnologie oft zur Produktion von rekombinanten Proteinen und Antikörpern eingesetzt wird. Grund für ihren häufigen Einsatz, sind die vielen Vorteile, die die Zellen mit sich bringen. Diese machen sie zu geeigneten Wirtszellsystemen zur Herstellung von Wirkstoffen in einem hohen Maß.

 

Einsatz in biotechnologischen Verfahren zur Herstellung von Arzneimitteln

CHO-Zellen gehören zu den am meisten eingesetzten Wirtszellsystemen bei der industriellen Herstellung rekombinanter Proteintherapeutika.2

Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass sich die Zuckerketten, welche an neu synthetisierte Proteine angehängt werden, nur wenig von denen eines Menschen unterscheiden. Das Glykosylierungsmuster legt nämlich fest, wie gut ein Wirkstoff bei einem Organismus wirkt. Da sich das der CHO-Zellen so dem menschlichen ähnelt, bedeutet das, dass die in CHO-Zellen produzierten Proteine eine besonders hohe Wirksamkeit bei Menschen aufweisen.

Außerdem bringen sie weitere Vorteile gegenüber anderen Zelltypen mit sich:

  • stabiles Wachstum in chemisch definierten und serumfreien Suspensionskulturen
  • Hohe Transfektionsempfänglichkeit
  • Sicherheit bezüglich der Replikation humanpathogener Viren3
  • einfache Generierung genetisch veränderter Zellklone zur Expression von Zielgenen in ausreichender Menge und Qualität für den menschlichen Gebrauch4

 

Mithilfe von CHO-Zellen können so Antikörper gegen Krebs oder Rheuma, aber auch Wachstumsfaktoren produziert werden. Es haben ca. 70 % der Biomoleküle, welche für medizinische Zwecke zum Einsatz kommen, ihren Ursprung in den CHO-Zellen.5

Der Herstellungsprozess von Biopharmazeutika mithilfe von CHO-Zellen ist nicht nur arbeits- und kostenintensiv, sondern nimmt auch eine Zeit von ungefähr fünf Monaten in Anspruch. Die Qualität des hergestellten Produkts ist abhängig vom gewählten CHO-Klon und seiner Produktivität. Beeinflusst wird die Produktqualität außerdem durch die Zusammensetzung des Mediums, den pH-Wert, der Passage der Kultur und anderen Faktoren, die sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden.

Heutzutage beläuft sich die Konzentration der proteinproduzierenden Zellen auf ca. 10 Mio Zellen/mL3, wobei die Kultivierungsdauer dreimal so lang ist, wie vor zwanzig Jahren. Die allgemeine Herstellungsdauer der Zellen kann jedoch mithilfe moderner Technologien, wie einer quantitativen Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder automatisierten Mikrotiterplatte Analyse, wie Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA), verkürzt werden. Diese Verfahren führen zum einen zu einer schnellen Selektion der Zellen und zum anderen zur Identifizierung und Klonierung der am besten geeigneten Einzelzellen.3  

Einige bekannte Medikamente, welche mithilfe von CHO-Zellen hergestellt werden, sind:

  • Etanercept (Wirkstoff zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen)6
  • Infliximab (Antikörper für Einsatz bei Autoimmunerkrankungen)7
  • Bevacizumab (Antikörper zur Behandlung von Tumoren)8

 

Die molekulargenetische Nutzung von CHO-Zellen ist noch nicht ausgeschöpft

CHO-Zellen werden seit mehreren Jahrzehnten zur Produktion von Glykoprotein Biologika genutzt. Die molekulare Grundlage und zellulären Prozesse innerhalb CHO-Zellen sind allerdings noch nicht vollständig geklärt, wodurch ihre vielseitigen Eigenschaften noch nicht komplett ausgeschöpft werden können.

Die therapeutische Wirksamkeit der Protein Biologika wird meistens durch posttranslationale Modifikationen, besonders durch die Glykosylierung, bestimmt. Es handelt sich dabei um einen nicht templierten Vorgang. Es kommt bei der Produktion der Glykoproteine zu heterogenen Mischungen, welche unterschiedliche Anteile verschiedener Glykoformen, beispielsweise N-Glykane oder O-Glykane, aufweisen. Von den Glykoformen ist unter anderem die Stabilität, Wirksamkeit sowie Immunogenität der Glykoprotein-Biologika abhängig. Glykoprotein Biologika, die mithilfe von CHO-Zellen produziert werden, besitzen geringe Mengen an Neu5Gc, während es im menschlichen Organismus gar nicht vorkommt. Außerdem können sie das alpha-Gal-Epitop besitzen oder auch nicht. Dies unterscheidet sie von humanen Glykoproteinen. Allerdings sind die Mengen so gering, dass die in CHO Zellen hergestellten Glykoprotein Biologika keine Immunantwort auslösen.

Seit neuestem arbeiten Forscher*innen daran CHO-Zellen auch zur Herstellung von therapeutischen Glykosaminoglykanen (bspw. Heparin) zu nutzen. Die Herausforderungen ähneln dabei denen der Produktion von Glykoprotein Biologika. Es fehlen Methoden, um die Heterogenität des Produkts der CHO-Zellen zu kontrollieren und den Bioprozess zu lenken. Daher arbeiten Forschungsgruppen noch daran einen systembiologischen Ansatz zu finden, welcher verschiedene Technologien, wie die genetische Veränderung, Modellierung und Analyse von Glykanen und Glykoproteinen, vereinbart. Ziel ist es ein vollständiges Verständnis der molekularen Prozesse erlangen und für die Entwicklung weiterer Zelllinien zu nutzen.10

So werden CHO-Zellen im Labor analysiert

Abhängig von der Verwendung der Zellen, werden verschiedene Aspekte der CHO-Zellen analysiert.

Bei der Produktion von Proteinen geht es im allerersten Schritt darum, dass die Zellen den Vektor mit dem Zielgen aufnehmen (Transfektion) und das gewünschte Produkt exprimieren. In solchen Fällen muss nachgewiesen werden, dass die Transfektion erfolgreich verlief. In der Regel besitzen solche Vektoren einen Selektionsmarker, meist handelt es sich dabei um eine Antibiotikaresistenz. Nach dem Ausplattieren der Zellen auf einer antibiotikahaltigen Platte, können nur die Zellen wachsen, welche den Marker und somit das Zielgen in sich tragen, wodurch diese selektiert werden.11

Was jedoch allen Versuchen mit den CHO-Zellen vorausgeht, ist die Analyse hinsichtlich der Zellzahl und der Viabilität, um ihre Lebensfähigkeit zu bestimmen. Diese Parameter sind wichtig, da sie einen großen Einfluss auf den späteren Erfolg aller folgenden Experiment/Assays mit den Zellen haben.  

Die Zellzahl kann manuell oder automatisch bestimmt werden. Die manuelle Zellzahlbestimmung erfolgt mittels eines Hämozytometers (z.B. Neubauer Zählkammer) (Abb.2), wobei die Zellen nach dem Auftragen der Probenflüssigkeit und des Aufbringens des Deckglässchens, unter einem Mikroskop gezählt werden. Anhand der gezählten Zellen lässt sich errechnen, wie viele Zellen pro Volumen in der Probe enthalten sind.

In diesem Zuge wird oft standardmäßig eine Trypanblau-Färbung durchgeführt, um den Anteil der lebenden und toten Zellen in der Probe zu bestimmen. Der Farbstoff färbt tote Zellen mit permeabler Zellmembran blau an, während lebende Zellen ungefärbt bleiben. Aus den errechneten Daten ergibt sich die Viabilität. Erfahren Sie hier mehr Details zur Zellzählung.

Wie bereits erwähnt kann eine Zellzählung auch mit automatischen Zellzählern durchgeführt werden. Dabei werden entsprechende Geräte genutzt, die eine automatisierte Zählung der CHO-Zellen durchführen. Zur Bestimmung der Viabilität erfolgt aber auch hier oft eine Trypanblau-Färbung im Voraus. Die Geräte unterscheiden anschließend die lebenden von den toten Zellen und können zusätzlich zur Zellzahl ebenfalls die Viabilität der CHO-Zellen angeben.

 

Welche Schwierigkeiten können bei der Untersuchung der Zellen auftreten?

Zum einen kann es beim manuellen Zählen der CHO-Zellen zu Schwierigkeiten kommen. Hierbei kann es durch den menschlichen Fehler leicht zu abweichenden Ergebnissen kommen. Außerdem kann es durch mangelnde Konzentration und Verwechslung bei der Auszählung zu Fehlern kommen.

Zum anderen kann die Verwendung von Farbstoffen wie Trypanblau, ebenfalls zu verfälschten Ergebnissen bei der Bestimmung der Viabilität führen. Da es sich bei dem Farbstoff um eine zytotoxische Substanz handelt, gilt es die Zählung schnellstmöglich durchzuführen, da andernfalls die Anzahl der toten Zellen steigt und so falsche Schlüsse bezüglich der Ausgangslösung getroffen werden könnten.12

Färbungsfreie Viabilitätsmessung und automatischer Zellzähler: Die Nutzung des fluidlabs zur Untersuchung von Hamsterzellen

Schwierigkeiten, welche bei der Auszählung der Zellen oder der Viabilitätsbestimmung auftreten, kann das fluidlab R-300 mit dem neuronalen Netzwerk und dem holographischen Mikroskop entgegenwirken. Ein zusätzlicher Vorteil ist das integrierte Spektrometer.

Dies macht das Gerät an verschiedenen Stellen bei der Analyse der CHO-Zellen einsetzbar. Mit dem Spektrometer kann das Bakterienwachstum für die Vorbereitung der Vektoren überwacht werden. Hierfür wird eine OD600 Messung mit dem fluidlab durchgeführt. Dieser erste Schritt bei der Proteinherstellung ist wichtig, da er Auskunft über die Bakterienqualität liefert. Die entstandenen Vektoren werden anschließend genutzt, um sie in die CHO-Zellen zu transfizieren, damit dort die gewünschten Proteine produziert werden können. Weiterhin können die CHO-Zellen mittels des neuronalen Netzwerks des Geräts gezählt werden.

Das digitale holographische Mikroskop des fluidlabs erstellt Hologramme der Zellen, welche mithilfe des neuronalen Netzwerks analysiert werden. Die Zellen werden nicht nur automatisch gezählt, sondern es wird zusätzlich zwischen Zellen und anderen Partikeln sowie zwischen lebenden und toten Zellen differenziert. Diese Eigenschaften machen eine Anfärbung mit einem Farbstoff überflüssig und minimieren den menschlichen Fehler. Darüber hinaus erhöht das Field-of-View von 5,3 mm² die statistische Sicherheit, da mehr Objekte durch das große Sichtfeld erfasst werden.

Die kleine Größe des Geräts und sein geringes Gewicht von 240 g, machen es zudem nicht nur portabel, sondern auch für verschiedene Arbeitsorte einsetzbar- unabhängig vom Arbeitsplatz.

Um zu erfahren, wie das fluidlab R-300 für verschiedene Produktionsschritte von Proteinen eingesetzt werden kann, lesen Sie unseren Artikel über monoklonale Antikörper.

Wissenschaftliche Quellen

1TJIO, J. H., & PUCK, T. T. (1958). Genetics of somatic mammalian cells. II. Chromosomal constitution of cells in tissue culture. The Journal of experimental medicine, 108(2), 259–268.

2Fischer, S., Handrick, R., & Otte, K. (2015). The art of CHO cell engineering: A comprehensive retrospect and future perspectives. Biotechnology advances, 33(8), 1878–1896.

3Kim, J.Y., Kim, Y.G., Lee, G.M. (2012) CHO cells in biotechnology for production of recombinant proteins: current state and further potential. Applied microbiology and biotechnology 93, 917-930.

4Durocher, Y., Butler, M. (2009) Expression systems for therapeutic glycoprotein production. Current opinion in biotechnology 20, 700-707.

5Ku (2013). Hamsterzellen: Fabriken der Biotechnologie. Die Presse. https://www.diepresse.com/1458378/hamsterzellen-fabriken-der-biotechnologie [26.10.2021].

6Brian Hassett, Morton Scheinberg, Gilberto Castañeda-Hernández, Mengtao Li, Uppuluri R K Rao, Ena Singh, Ehab Mahgoub, Javier Coindreau, Julie O'Brien, Steven M Vicik & Brian Fitzpatrick (2018) Variability of intended copies for etanercept (Enbrel®): Data on multiple batches of seven products, mAbs, 10:1, 166-176.

7Miao, Z., Li, Q., Zhao, J., Wang, P., Wang, L., He, H. P., Wang, N., Zhou, H., Zhang, T. C., & Luo, X. G. (2018). Stable expression of infliximab in CRISPR/Cas9-mediated BAK1-deficient CHO cells. Biotechnology letters40(8), 1209–1218.

8Barredo, G. R., Giudicessi, S. L., Martínez Ceron, M. C., Saavedra, S. L., Rodriguez, S., Filgueira Risso, L., Erra-Balsells, R., Mahler, G., Albericio, F., Cascone, O., & Camperi, S. A. (2020). A short peptide fragment of the vascular endothelial growth factor as a novel ligand for bevacizumab purification. Protein expression and purification165, 105500.

9Wippermann, A., & Noll, T. (2017). DNA methylation in CHO cells. Journal of biotechnology, 258, 206–210.

10Tejwani, V., Andersen, M. R., Nam, J. H., & Sharfstein, S. T. (2018). Glycoengineering in CHO Cells: Advances in Systems Biology. Biotechnology journal, 13(3), e1700234.

11Sautter K. (2003). Gentechnische Verfahren zur Erzeugung und Selektion von hochproduzierenden CHO-Zellen. Dissertation zur Erlangung des naturwissenschaftlichen Doktorgrades der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg. https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/opus4-wuerzburg/frontdoor/deliver/index/docId/783/file/Promotion_K_Sautter.pdf [02.11.21]

12Crowley, L. C., Marfell, B. J., Christensen, M. E., & Waterhouse, N. J. (2016). Measuring Cell Death by Trypan Blue Uptake and Light Microscopy. Cold Spring Harbor protocols2016(7).