Den HeLa Zellen ist eine enorme Bedeutung in der Forschung und Medizin zuzuschreiben. Es handelt sich dabei um die erste Zelllinie, die im Labor nicht nur überlebt, sondern sich auch vermehrt hat. Noch heute wird in Laboren auf der ganzen Welt an HeLa Zellen geforscht. Sie trugen zur Erforschung unzähliger Krankheiten bei und auf ihnen basiert eine Vielzahl an Entdeckungen.
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Die Entdeckung der HeLa Zellen
Die HeLa Zellen sind nach der Frau benannt, deren Organismus sie 1951 entnommen wurden. Es handelt sich dabei um die damals 30-jährige Henrietta Lacks, welche mit stechenden Bauchschmerzen den Arzt, Jones Howard, im Johns Hopkins Krankenhaus aufsuchte.
Schnell stellte sich heraus, dass sie an Gebärmutterhalskrebs litt. Ohne ihr Wissen entnahm ihr im OP der diensthabende Arzt eine Gewebeprobe in der Hoffnung, eine immer weiter wachsende Zelllinie zu entdecken. Nach nur 8 Monaten starb Henrietta Lacks an dem Tumor. Ihre Zellen jedoch vermehren sich noch heute in den Laboren.
Die entnommene Gewebeprobe wurde damals im Labor von George Gey und dessen Frau Margaret in ein Gemisch aus Hühnerplasma, einem Extrakt aus Kalbsembryonen und menschlichem Nabelschnurblut gelegt. Gelagert wurde das Gemisch im Kühlschrank. Der Behälter, in dem sich die Probe befand, wurde mit den Anfangsbuchstaben der Patientin – HeLa - versehen.
Entgegen der Erwartungen stellte sich heraus, dass die Zellen auch nach mehreren Wochen in Kultur nicht abstarben, sondern sich in einer enormen Geschwindigkeit immer weiter vermehrten. Dies stellte eine Sensation in der Wissenschaft dar, da es zuvor noch niemandem gelungen war, menschliche Zellen für mehr als nur wenige Wochen, im Labor zu kultivieren. Infolgedessen schickte George Gey die HeLa Zellen Laboren in aller Welt zu. Zum ersten Mal war es möglich, ausgiebig an menschlichen Zellen zu forschen.1
Woher kommen HeLa Zellen?
Die Zellen wurden Henrietta Lacks aus dem Tumorgewebe im Gebärmutterhals entnommen. Es wird beschrieben, dass der Tumor so groß wie eine Münze war. Weiterhin soll er lila und weich gewesen sein, was ungewöhnlich war, da diese Arte der Tumore normalerweise sehr hart war.2
Wie sind HeLa Zellen aufgebaut?
Die HeLa Zellen sind wie andere menschliche Zellen aufgebaut. Sie besitzen eine Zellmembran, Cytoplasma sowie Zellorganellen und einen Zellkern. Ihr Genom weist allerdings eine Vielzahl an Mutationen auf.3 Aus diesem Grund ist es auch nicht unüblich, dass die HeLa Zellen oft mehr als nur einen Zellkern besitzen.
Was ist eine Zelllinie?
Als Zelllinien werden Zellen einer Gewebeart bezeichnet, welche sich in einer Zellkultur unbegrenzt fortpflanzen können. Bei der Zellkultur handelt es sich um das Anzüchten und Vermehren der lebenden Zellen. Dies geschieht unter sterilen Bedingungen. In der Regel wird zwischen zwei verschiedenen Zelllinien unterschieden – den primären und den permanenten oder auch immortalisierten Zelllinien.
Welche Zelllinien gibt es?
Primäre Zelllinien bzw. Primärzellen sind Teil eines Gewebes, auch Explantat genannt. Die Zellen werden dabei frisch aus einem Gewebeverband eines lebenden Organismus herausgelöst und in vitro zu einer Zelllinie kultiviert. Ihre Lebensdauer ist dabei begrenzt.4
Permanente bzw. immortalisierte Zelllinien bestehen aus unbeschränkt wachstumsfähigen Zellen. In der Regel handelt es sich dabei um Tumorzellen. Die Zellen können sich in vitro unbegrenzt vermehren. Diese Eigenschaft kann aus einer Zelltransformation hervorgehen, welche entweder spontan erfolgt oder induziert wird.
Eine weitere Möglichkeit der Immortalisierung ist die Infektion der Zellen mit einem Virus. Das bekannteste Beispiel einer permanenten Zelllinie sind die HeLa Zellen. Diese sind mit dem Papillomavirus infiziert.5
Wann spricht man von einer potentiell unsterblichen Zelllinie?
Es wird von einer potentiell unsterblichen Zelllinie gesprochen, wenn sich die Zellen unendlich weiter teilen und vermehren. Die kontinuierlich wachsende Kultur weist dabei eine auffällig große Anzahl an Populationsverdopplungen auf. Dies ist meist bei Tumorzellen der Fall. Durch die zuvor genannten Möglichkeiten, können aber auch sterbliche Zelllinien unsterblich gemacht werden.
Welche Forschung wird an HeLa Zellen betrieben?
An den HeLa Zellen wurde und wird nach wie vor viel geforscht. Denn auch wenn es sich bei diesen Zellen um Krebszellen handelt, besitzen sie elementare Eigenschaften gesunder Zellen wie die Funktionsweise von Genen, die Produktion von Eiweißen oder den Nährstoffhaushalt einer Zelle.6
An ihnen erfolgt die Erforschung der Humanbiologie mittels der Zell- und Gewebekultur sowie die Erforschung menschlicher Krankheiten. Eine zentrale Rolle spielen die Zellen zudem in der Krebsforschung. Auch die Molekular- und Zellbiologie nutzt die Zellen als Standardmodell zur Forschung.
Die HeLa Zellen wurden bereits mit unterschiedlichen Krankheiten infiziert wie Mumps, Masern, Windpocken, Herpes, Tuberkulose oder auch HIV. Zudem wurden sie bei Atombombentests starker Strahlung ausgesetzt oder auch in den Weltraum geschickt, um sie der Schwerelosigkeit auszusetzen.7
Welche Bedeutung haben HeLa Zellen für die Forschung?
Die Wissenschaft und Medizin verdankt den HeLa Zellen einen großen Fortschritt und viele Erkenntnisse. Auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, welche aus der Forschung an HeLa Zellen hervorgehen, basieren ungefähr 11.000 angemeldete Patente auf der ganzen Welt. Es gibt zudem über 75.000 wissenschaftliche Artikel, die aus Experimenten mit den Zellen herrühren.
Geschätzt wird, dass bereits über 50 Tonnen HeLa Zellen gezüchtet wurden.8 Die Zellen von Henrietta Lacks wurden zum Beispiel von Jonas Salk verwendet, um den ersten Polio-Impfstoff zu entwickeln, der gegen Kinderlähmung zum Einsatz kommt. Weiterhin wurden durch Harald zur Hausen, der selbst Vorsitzenden des Deutschen Krebsforschungszentrums war, humane Papillomviren HPV18 in den Zellen gefunden.
Es stellte sich heraus, dass diese Viren die Ursache für den Tumor sein können. Daraufhin wurde ein Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs entwickelt und im Jahr 2018 erhielt zur Hausen den Medizin-Nobelpreis.9
Die HeLa Zellen dienten auch zur Aufklärung der Funktion der Telomerase sowie der Chromosomen-Telomere.10 Dank der HeLa Zellen, welche für einen Versuch eingefärbt wurden, konnte ebenso die Ursache für die Krankheit Trisomie 21 festgestellt werden.11
Kurzum wären die Forschung und die Medizin ohne HeLa Zellen nicht da, wo sie heute sind.
Welche Vorteile haben HeLa Zellen im Gegensatz zu anderen Zellen?
Gegenüber anderen Zellen haben HeLa Zellen den Vorteil, dass sie deutlich robuster sind. Dadurch sterben sie nicht so schnell und sind einfach zu kultivieren. Auch bei mangelhaften Bedingungen vermehren sie sich weiter. Im Gegensatz zu anderen können sie ewig kultiviert werden. Andere Zellen sterben hingegen nach einer bestimmten Zeit ab.
Die Vermehrung und das Wachstum der HeLa Zellen erfolgen zudem sehr schnell. Mit ca. 13,5 Stunden12 haben die HeLa Zellen eine sehr geringe Verdopplungszeit. Dadurch werden die Auswirkungen des Tests auf die Zellen und ihr Wachstum früher sichtbar. Dies hat den Vorteil, dass sich auch Ergebnisse schneller auswerten lassen.
Welche Experimente können mit HeLa Zellen durchgeführt werden?
HeLa Zellen eignen sich für jegliche Versuche, die in der Zellkultur durchgeführt werden. An ihnen können verschiedene Substanzen getestet werden. Außerdem können an ihnen unterschiedliche Zellkulturmethoden durchgeführt werden, um zu prüfen, welche sich am besten eignet.
Aber auch alle weiteren Versuche, die zum Verständnis der Zellfunktion und des Zellaufbaus beitragen, können mit HeLa Zellen durchgeführt werden. Einige Beispiele hierfür sind die folgenden:
- Toxizitätsexperimente
- Proliferationsexperimente
- Experimente zur Überprüfung der Zelladhäsion
- Migrationsexperimente
- Migrationsexperimente
- Transfektionen u.a.
Wie werden HeLa Zellen produziert?
Die HeLa Zellen vermehren sich mittels Mitose. Dabei handelt es sich um einen Lebenszyklus, den die Zellen durchlaufen, der dazu führt, dass sie sich teilen und vermehren. Der Zyklus setzt sich aus mehreren Phasen zusammen.
In der Interphase, die selbst auch nochmal in drei Phasen unterteilt ist, verdoppeln sich Zellorganellen, Proteine und die Zelle wächst heran. Außerdem wird die Erbsubstanz verdoppelt und die Zelle wird auf die Teilung vorbereitet.
In der M-Phase teilt sich die Zelle, neue Tochterzellen entstehen, die wieder in die Interphase treten. Der Zyklus wird durchlaufen, bis die Zellen ausdifferenziert sind.
Ein besonderer Abschnitt der Interphase ist die G₀ Phase. Darin verharren die Zellen, wenn sie ihre Teilungsaktivität verlieren oder die einzelnen Checkpoints der Interphase nicht bestehen. Dies kann passieren, wenn sie zum Beispiel nicht die richtige Größe aufweisen.
Damit sich die Zellen gut vermehren können, ist es wichtig, dass die Zellen mit genügend Nährstoffen versorgt sind und ausreichend Platz zum Wachsen haben. In der Regel erfolgt die Kultivierung im CO2-Inkubator bei hoher Luftfeuchtigkeit und einer konstanten Temperatur bei 37°C. Der regelmäßige Wechsel des Mediums ist dabei sehr wichtig, da die Zellen sonst sterben.
Die Anzüchtung in großen Mengen wird von Firmen durchgeführt, bei denen die HeLa Zellen bestellt werden können. Im Anschluss können sie für diverse Experimente im eigenen Labor, wie beschrieben, weiter gezüchtet und vermehrt werden.
Wie können HeLa Zellen analysiert werden?
HeLa Zellen können wie andere Zellen analysiert werden. Aus der Analyse können anschließend Schlüsse beispielsweise zur Viabilität, zum Wachstum oder anderem gezogen werden. Dabei kommt es immer darauf an, was analysiert wird.
Bei der Analyse durch das fluidlab R-300 kann erste Abhilfe geleistet werden, indem es grundlegende Ergebnisse liefert.
Zellzählung
Eine vorbereitete Probe der HeLa Zellen kann in den Probenträger des fluidlabs gegeben werden. Mittels der Funktion der Zellzählung werden die Zellen dann automatisch gezählt. Wie eine Zellzählung mit dem R-300 genau durchgeführt wird, kann in unserem Beitrag zum Thema nachgelesen werden.
Im Anschluss wird die Zellkonzentration angegeben. Mit dieser Information kann festgestellt werden, ob sich die HeLa Zellen vermehrt haben und wenn ja, wie stark. Die Konzentration gibt auch Auskunft über die Zeitspanne, in der sich die Zellen vermehrt haben.
Viabilitätsmessung
Das fluidlab R-300 kann zusätzlich zur Zellzählung auch Auskunft zur Viabilität der HeLa Zellen geben. Die Anzahl der toten und lebenden Zellen wird bei der Zellzählung ebenso erfasst und angegeben.
Diese Angabe ist hilfreich, um die Auswirkung eines Versuchs auf die Lebensfähigkeit der Zellen zu ermitteln.
Welche Kontroversen existieren im Zusammenhang mit HeLa Zellen?
Nachvollziehbarerweise bringen die HeLa Zellen einige Kontroversen mit sich. Eine davon ist, dass die Zellen der Patientin ohne ihre Einwilligung entnommen wurden. Henrietta Lacks wusste also nichts von der Zellentnahme. Zur damaligen Zeit war dies leider üblich. Darüber hinaus handelte es sich bei dem Johns Hopkins Krankenhaus um eines von wenigen in der Umgebung, welches dunkelhäutige Patienten behandelte.
Auch die Familie von Henrietta Lacks wusste nichts von der Entnahme. Erst 20 Jahre später erfuhren ihre Nachfahren, dass die Zellen ihrer Angehörigen weiterleben und auch vermarktet werden. Die Familie von Henrietta Lacks war arm und blieb es auch. Denn auch wenn die Zellen von Henrietta Lacks einen enormen Beitrag zur Entwicklung der Medizin leisteten, erhielt ihre Familie nie Geld dafür.
Erst nach vielen Jahren kam es zur öffentlichen Anerkennung. Heute steht eine Gedenktafel zu Ehren von Henrietta Lacks an einem Waldstück, in dem ihr Grab vermutet wird. Henrietta Lacks bekam posthum im Jahr 2011 die Ehrendoktorwürde der Morgan State University in Baltimore verliehen.13
In dem 2010 veröffentlichten Buch, mit dem Namen "Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks" von Rebecca Skloot, wird die Geschichte der jungen Henrietta Lacks aufgearbeitet und erzählt. Im Jahr 2017 wurde die Geschichte von Henrietta Lacks, unter Regie von George C. Wolfe und Oprah Winfrey in der Hauptrolle, verfilmt. Der Film trägt im Englischen den Titel "The Immortal Life of Henrietta Lacks".
1 Deutsche-Apotheker-Zeitung, 2016, Als die Zellen unsterblich wurden, Baltimore/Heidelberg, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/02/05/als-die-zellen-unsterblich-wurden [13.05.20]
2 Trisko A., 2016, HeLa: Diese Krebszellen wachsen seit 65 Jahren, https://www.trendsderzukunft.de/hela-diese-krebszellen-wachsen-seit-65-jahren/ [13.05.20]
3 Gesundheitsindustrie BW, 2013, HeLa, ein menschlicher Bauplan in der Petrischale, Fachbeitrag, https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/hela-ein-menschlicher-bauplan-in-der-petrischale [13.05.20]
4 Preißler S., 2004, Kultivierung und Charakterisierung von Primärtumorzelllinien aus Aszites und Pleuraergüssen von Patienten mit fortgeschrittenen gastrointestinalen Tumoren, Medizinische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität München.
5 https://pages.binder-world.com/zellkultur [14.05.20]
6 Schlütter J., 2010, Die unsterblichen Krebszellen der Henrietta Lacks, https://www.welt.de/gesundheit/article9762115/Die-unsterblichen-Krebszellen-der-Henrietta-Lacks.html [21.05.20]
7 Dürr I., 2016, Wie Henrietta Lacks unsterblich wurde, Der Allgemeinarzt 38 (15) Seite 100-101, https://www.allgemeinarzt-online.de/home/a/wie-henrietta-lacks-unsterblich-wurde-1788053 [14.05.20]
8 Vgl. [7] Dürr I, 2016
9 Vgl. [1] Deutsche-Apotheker-Zeitung, 2016
10 Vgl.[3] Gesundheitsindustrie BW, 2013
11 Vgl.[6] Schlütter J., 2010
12 In vitro Zytotoxizitätstestung, https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/9911/04_kap4.pdf?sequence=5&isAllowed=y [20.05.20]
13 Vgl. [7] Dürr I., 2016